Für die Erfindung von Metalloxid-Dünnfilmtransistoren für Displayanwendungen
Aktiv-Matrix Flachbildschirme benutzen Dünnschichttransistoren zur Selektion und Ansteuerung der in den jeweiligen Bildpunkten platzierten elektro-optischer Medien wie Flüssigkristalle oder organische lichtemittierende Dioden. Bei Direktsichtbildschirmen erfordert dies die Abscheidung und Strukturierung der für den Dünnschichttransistor benutzten Metalle, Dielektrika und Halbleiter auf bis zu mehrere Quadratmeter großen Flächen. Eine kostengünstige Abscheidung derartig großer monokristalliner Halbleiter ist ausgeschlossen, so dass nur polykristalline oder amorphe Halbleiter eingesetzt werden.
Die Imperfektionen und Fehlstellen derartiger Halbleiter resultieren üblicherweise in deutlich verschlechterten elektronischen Eigenschaften. Bei dem in der Vergangenheit bevorzugt eingesetzten elementaren Halbleiter Silizium ergibt sich beispielsweise eine um eine (polykristallin) bis drei (amorph) Größenordnungen verringerte Ladungsträgerbeweglichkeit, die eine ebenso große Reduktion der Stromtreibefähigkeit und der Schaltgeschwindigkeit zur Folge hat. Amorphes Silizium ermöglicht einen im Vergleich zu polykristallinem Silizium deutlich vereinfachten und kostengünstigeren Herstellprozess und besitzt aufgrund der fehlenden Korngrenzen eine wesentlich bessere Großflächenhomogenität. Da es trotzdem noch die Anforderungen spannungsgesteuerter elektro-optischer Materialien (z.B. Flüssigkristalle) bei Full-HD Fernsehauflösungen erfüllt, war es lange Zeit das bevorzugte Material für die Realisierung von Direktsichtfernsehern. Mangels besser angepasster Alternativen wird das extrem leistungsfähige aber auch kostspielige polykristalline Silizium für stromgetriebene elektro-optische Materialien (z.B. organische lichtemittierende Dioden) mit hoher Bildpunktauflösung wie in Mobiltelefonen eingesetzt, obwohl es die dabei zu erfüllenden Anforderungen weit übererfüllt.
Die vom Preisträger im Jahre 1997 erstmals vorgeschlagene neuartige Materialklasse der metalloxidischen Verbindungshalbleiter besitzen äußerst interessante Eigenschaften, die seine Gruppe dann im Jahr 2004 auch in einer inzwischen mehr als 8000 mal zitierten Veröffentlichung in der Anwendung als Dünnschichttransistor demonstrieren konnte. Da die Leitungsbandeigenschaften metalloxidischer Halbleiter wesentlich durch die kugelsymmetrischen s-Orbitale der enthaltenen Metallionen bestimmt werden, ist der beim Übergang zu amorphen Materialien auftretende Verlust an Ladungsträgerbeweglichkeit deutlich geringer als im Fall der kovalenten Bindungen in Silizium. Darüber hinaus können amorphe metalloxidische Halbleiterschichten mit einem äußerst einfachen Aufstäubeprozess bei auch mit Kunstsoffsubstraten kompatiblen Temperaturen abgeschieden werden, so dass sich eine sogar im Vergleich mit amorphem Silizium extrem konkurrenzfähige Prozessführung ergibt. Das häufig eingesetzte amorphe Indium-Gallium-Zink-Oxid erreicht im Vergleich zu amorphem Silizium bis zu 1,5 Größenordnungen höhere Ladungsträgerbeweglichkeiten und erschließt damit den für Bildschirmanwendungen besser angepassten Zwischenbereich. Aufgrund der wünschenswerten Kombination von guter Stromtreibefähigkeit und einfacher Prozessführung auch auf großen Flächen benutzen alle seit 2013 weltweit verkauften OLED Fernseher metalloxidische Dünnschichttransistoren zur Ansteuerung der Bildpunkte.
Neben den bereits genannten Vorteilen weisen metalloxidische Halbleiter auch einen vergleichsweise großen Bandabstand von mehr als 3 eV auf. Selbst die energiereichsten blauen Photonen besitzen eine geringere Energie und werden deshalb in metalloxidischen Halbleitern nicht absorbiert, was die Realisierung optisch transparenter Schaltungen ermöglicht. Darüber hinaus führt der große Bandabstand zu im Vergleich mit amorphen Silizium Dünnschichtransistoren drei Größenordnungen geringeren Sperrströmen der Transistoren, was eine signifikante Verringerung der Auffrischungsrate des Bildschirms bei statischem oder weitgehend statischem Bildinhalt ermöglicht. Die damit verbundene deutliche Verringerung des Energieverbrauchs ist der Grund für die Verwendung metalloxidischer Dünnschichttransistoren in der neuesten Generation der Apple Watch und anderen mobilen Geräten. Darüber hinaus motiviert der geringe Sperrstrom in Verbindung mit der Möglichkeit zur Prozessierung bei niedrigen Temperaturen auch zahlreiche Forschungsanstrengungen außerhalb der Bildschirmtechnik im Bereich der 3D Integration zukünftiger hochintegrierter Schaltkreise.
Der diesjährige Preisträger Prof. Hideo Hosono hat nicht nur den entscheidenden Anstoß für all diese Entwicklungen gegeben sondern darüber hinaus über zwanzig Jahre auch eine wesentlichen Beitrag zur Entwicklung weiterer neuer Materialsysteme wie einem neuartigen Hochtemperatur Supraleiter gegeben. Zahlreiche Preise und Ehrungen wie beispielsweise den Japan Preis (2016) und den Van Hippel Preis der Materials Research Society (2018) dokumentieren die weltweite Anerkennung des Schaffens von Prof. Hideo Hosono.
Die Eduard-Rhein-Stifung ehrt mit Herrn Prof. Hideo Hosono einen weltweit anerkannten Pionier der amorphen metalloxidischen Halbleiter, der damit die Grundlage für neuartige Anwendungen sowohl in der Bildschirmtechnik als auch in der sonstigen Mikroelektronik gelegt hat.
Prof. Dr.-Ing. Norbert Frühauf